Oshury – 02 - 08: Das Ei der Göttin

Oshury – 02 - 08: Das Ei der Göttin
Seerosenblätter am Ufer des Sees – kannst Du die Schlange erkennen?

Am Morgen des 10. Thelgehem zog der Trupp weiter in Richtung des Sees, den Perkin in der Nacht ausgemacht hatte. Nach etwa einer Stunde mühsamen Weges erreichten sie eine Lichtung, in deren Mitte ein stahlblauer See lag. Eingerahmt durch ein Seerosenfeld streckte sich eine Insel entlang, die gerade groß genug war, um einem einzelnen Bauwerk Platz zu bieten. Aus weißem Marmor bestehend und größtenteils eingewachsen, hatte es die Form eines gewaltigen, 4 Schritt hohen Eies.

Perkin untersuchte zunächst das Wasser des Sees genauer. Tief unten waren schlierenhaft schwarze Gestalten zu erkennen, die ihre Kreise zogen. Perkin riet den anderen davon ab, das Wasser zu trinken. Auch die Seerosenblätter, machen davon zwei bis drei Meter durchmessend, erschienen ihm nicht ganz geheuer. Bei näherem Hinsehen zeigte sich dann auch, dass allerlei Tiere, darunter Frösche, Wasserratten und Blässhühner, auf den Blättern zu Tode gekommen waren. Perkin vermutete, dass sie auf den Blättern festgeklebt und dann förmlich ausgesaugt worden waren.

Währendessen folgen Nathanael und Dwinbar in Eulen- bzw. Eichelhähergestalt hinüber zu Insel. Zwischen dem Bewuchs entdeckte der Zauberer schließlich eine Fuge, die eine Tür vermuten ließ. Dwinbar begann kurzerhand mit seiner Schaufel das Ei von Bewuchs zu befreien. Doch ehe er damit weit gekommen war, wurden aus auf Bewegung beim Lager der anderen aufmerksam.

Die Gruppe hatte die Pause genutzt, um die schweren Rucksäcke und Ausrüstung abzulegen. Doch schon bald gemahnte der Druide und Grolak sie zur Vorsicht. Und dann hörten sie es auch selbst: Das ungut heißere Blöken von Schafen drang aus dem Wald. Kurz darauf tauchten sie auf. Vier Schafe, deren Leben ganz offensichtlich schon vor einiger Zeit brutal beendet worden war. Ganze Stücke der Körper fehlten, eines kam nur noch auf drei Beinen vorwärts. Die Schädel waren teilweise skellettiert, die Felle von schwarzem Blut verklumpt.

Peogyd und die Ritter:Innen vom Stein schlossen sich schnell zu einer Phalanx zusammen. Die Schafe brandeten ihnen entegen, doch der Schildwall hielt. Mit gezielten Stichen und Schlägen dezimierten die Kämpfer das untote Weidevieh recht schnell.

Doch Perkin, Grolak und Skarild hörten noch weitere Geräusche aus dem Wald. Deutlich bedachter näherten sich von dort zwei weitere Gestalten der Lichtung.

Nur kurz waren ihre stachelbewehrten Leiber zu sehen, als die Pukwudiges, eine Mischung aus Stachelschwein und Mensch, ihre Stacheln in Richtung der Grupp abfeuerten. Dann zogen sie sich schnell ins Dickicht des Waldes zurück.

Ayda wurde von den Stacheln schwer verletzt, konnte aber dem Stachelgift widerstehen. Margret wehrte die Stacheln durch ihr Schild ab. Die von Nathanael angeheuerte Rolda stürzte sich wagemutig auf die Schafe, ging zwischen ihren Hörnern und Hufen aber schnell zu Boden.

Währendessen pirschte sich Skarild an den Pukwudgie mit Monokel heran, während die Eule mit einer Fackel in den Klauen dessenPosition verriet. Dwinbar kam bis zum zweiten Pukwudgie mit Schottenmütze und führte aus der Luft heraus, sich dabei zurückverwandelnd, einen tödlichen Schmetterschlag gegen das Wesen aus.

Skarild konnte sich im Zweikampf nicht durchsetzen und selbst nachdem Nathanael versuchte mit einem Feuerball den fliehenden Pukwudgie zu stoppen, entkam dieser dennoch in den Wald.

Nach gewonnenem Kampf machte sich Perkin daran, Gift aus den Stacheln zu gewinnen und abzufüllen. Die anderen begruben Rolda als Heldin am Rand des Sees. Peogyd sprach einen Segen des Aengus über ihren sterblichen Überresten.

Zurück gefolgen auf der Insel, entzifferte Nathanael die in Oshun-Ghaid geschriebene Inschrift über dem freigelegten Tor des Eies: "Nenne Deinen Namen und den der Göttin und lasse Deinem Schatten den Vortritt, um Einlass zu finden." Er sprach den Namen der Göttin Spilla – dies öffnete ihm das Tor.

Im Inneren waren drei Gemälde zu sehen, die die Wände des Raumes einnahmen. Viel Platz war nicht im Ei und nur die Fackel spendete Nathanael Licht, als sich das Tor hinter ihm wieder schloss.

Das erste Bild zeigte eine Frau in der Nacht beim Gang über eine Lichtung im Mondlicht. Als der Zauberer genauer hinsah, erkannte er: Ihr Schatten wandelte sich ständig von dem einer Frau, zu einem Riesen, zu einem Zwerg, zu einer Echse. Darunter stand in Oshun-Ghaid: "Gib Deinen Schatten der Göttin und Königin Morwe wird Deine Gestalt erhöhen."

Darauf ließ sich Nathanael ein. Sein Schatten löste sich von seinem Körper und vereinte sich mit dem der Königin. Kurz verwandelte sich sein eigener Schatten, zu seinem Körper zurückgekehrt, in eine Eule. Ihm schwanden die Sinne und er fühlte sich von unglaublicher Kraft beseelt.

Das zweite Bild zeigte offensichtlich die gleiche Frau, die in einem blütenweisen Kleid durch einen Bluttropfen-Regen spazierte. Kein Fleck war auf ihrem Kleid zu sehen. Darunter stand: "Wer rein ist wie sie, dem haftet kein Übel an."

Das dritte Wandgemälde zeigte ebenfalls Königin Morwe in einem kurzärmligen und an den Beinen geschlitzen Kleid. An ihren Venen hatten sich Vipern festgebissen, deren Leiber ölig glänzend an ihrem Körper herabhingen. Ornat und Haarschmuck wiesen sie klar als eine der Steinernen Königinnen, genauer, als Morwe, die Obsidian-Königin aus. Offenbar sah sie sich selbst als eine Personifikation der Göttin Spilla. Darunter stand: "Ihr Blut nährt die Vipern, deren Gift nährt die Gottgleiche."

Auf dem Altar unterhalb des Gemäldes stand ein filigraner Becher aus weiß-grauem Glas. Er zeigte mehrere Bilder. Auf der einen Seite: den Schwanzstachel eines Drachen, von dem Gift rinnt. Ein Pilz, um den tote Fliegen liegen. Die Zähne einer Giftschlange. Auf der anderen: einen Brunnen, neben dem ein Toter liegt, eine Frau schöpft Wasser daraus und reicht es den Durstenden, denen es offenbar gut damit geht. Eine Festtafel, bei der vergiftetes Essen erkannt und weggeworfen wird. Ein fies dreinblickender Mensch, der offenbar enttäuscht darüber ist, dass ein aus dem Becher Trinkender nicht tot umfällt.

Nathanael schnitt sich mit dem Dolch in die verkrüppelte Schulter. Dort, wo der Waldschrat im Neuntöterwald sie zerschmettert hatte. Im schwanden abermals die Sinne. Blut tränkte den Boden als er wieder zu sich kam.

Dann zog ihn Dwinbar, der nach zähem Warten das Tor geöffnet hatte, den Zauberer aus dem Ei. Er schreckte vor Nathanael zurück: Seine Zunge war gespalten, seine Augen glänzten in schwarzem Obsidian.

Dwinbar war besorgt darüber, ob Nathanael noch Herr seiner selbst sei oder zur Gefahr für die Gruppe werden könnte. Die anderen debattieren darüber, ob sie ihn noch mitnehmen wollten. Peogyd warf ein, dass er ja wohl von Spilla gesegnet worden sei und das als Gabe der Göttin zu betrachten wäre. Damit zeigte sich der Großteil der Gruppe zufrieden und es sah so aus, als könne der Zauberer seine Reise mit den anderen fortsetzen.

Es wird bereits gegen Mittag sein, wenn die Gruppe ihre Reise in Richtung der Nachts zuvor ausgemachten Lichtung fortsetzen kann.